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Hochwasserschutz und Auenentwicklung im Großmaßstab

Zweite Informationsreise von Fachleuten aus dem Biosphärenreservat „Niedersächsische Elbtalaue“ in die Niederlande


Auf Einladung der Biosphärenreservatsverwaltung besuchten kürzlich sechzehn Vertreterinnen und Vertreter des Biosphärenreservatsbeirats und der „Projektgruppe Rahmenplan Hochwasserschutz“ des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) die Niederlande. Den Hintergrund für diese vom Land Niedersachsen geförderte Fachexkursion bildet die seit drei Jahren bestehende Kooperation zwischen der niederländischen Forst- und Naturschutzverwaltung (Staatsbosbeheer) und der Biosphärenreservatsverwaltung zum Austausch in Fragen des Flussauenmanagements, der Regionalentwicklung, der Öffentlichkeitsarbeit und Forschung.

Die Tour führte an die Unterläufe des Rheins und der Maas in der Metropolregion Rotterdam. Sie diente dazu, konkrete Projekte des dortigen Flussauenmanagements kennen zu lernen.

In den Niederlanden ist der Schutz der Bevölkerung vor Hochwasser und Überflutung eine wichtige Gemeinschaftsaufgabe. Dies verwundert kaum. Denn ungefähr die Hälfte der Nation liegt weniger als einen Meter über und rund ein Viertel des Landes unterhalb des Meeresspiegels. Wenn es also darum geht, einen effizienten Hochwasserschutz sicher zu stellen, wird in den Niederlanden nicht gespart: In der jüngeren Vergangenheit wurden hierfür öffentliche Mittel in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro aufgewendet.

Am Verwaltungssitz von Staatsbosbeheer, in der malerischen Altstadt von Amersfoort, wurde die deutsche Delegation von Sylvo Thijsen, dem Vorstandsvorsitzenden von Staatsbosbeheer begrüßt. Er zeigte auf, wie die verschiedenen Interessen der Hochwassersicherheit, des Naturschutzes, der Landwirtschaft, der Erholungsnutzung und der Menschen vor Ort im Sinne einer integrierten Planung in Einklang gebracht werden können. Neben Fachvorträgen und dem persönlichen Austausch zwischen Menschen, die hier und dort vergleichbare Aufgaben haben, stand die praktische Anschauung von Projekten des Flussauenmanagements im Vordergrund. Bei diesem Besuch ging es vor allem um großräumige Rückdeichungsvorhaben, die vorrangig der Verbesserung des Hochwasserabflusses dienen.

Zweite Station der Reise war der Nationalpark De Biesbosch mit seiner Umgebung. Von dort ginge es schließlich in das Munnikenland, das mit dem Schloss Loevestein zu den kulturhistorisch und naturkundlich herausragenden Landschaften der Niederlande zählt.

Im Zuge der Neugestaltung des ursprünglichen Polders „Noordwaard“, einem 4450 Hektar großen vorwiegend ackerbaulich genutzten Gebiet, wurde eine multifunktionale Auenlandschaft geschaffen. Sie bietet gleichzeitig Raum für den Hochwasserschutz für die Stadt Dordrecht, den Ackerbau, die Grünlandnutzung, den Naturschutz und den Tourismus. Erreicht wurde dies durch die abschnittsweise Absenkung von Deichen auf der einen und die Eindeichung von ackerbaulich genutzten Flächen auf der anderen Seite. Die dort seit Jahrhunderten tätigen Landwirte trugen die Maßnahmen als nationale Solidaritätsaufgabe mit, erlebten Umsiedlungen und erhielten zum Teil neue, auf hohen Warften liegende Hofstellen.

Im Munnikenland-Projekt wurden positive Effekte für den Hochwasser- und den Naturschutz nicht nur durch Deichöffnungen, sondern auch durch ein großflächiges Abtragen von Auensedimenten erreicht. Ehemals intensiv ackerbaulich genutzte Flächen wurden nach Entfernung des Oberbodens und Neueinsaat in ausgedehnte Wiesen- und Weideflächen umgewandelt. Es entstand eine Landschaft, die heute von einem bunten Mosaik aus offenen Wasserflächen, Schilf- und Röhrichtbeständen, Baumreihen und -gruppen, sowie extensiv genutzten Grünlandflächen geprägt ist. Gleichzeitig wurden im Gebiet zahlreiche Einrichtungen für den Tourismus und die Erholungsnutzung geschaffen.

Auffällig waren die zum Hinterland neu angelegten sehr breiten und terrassenförmig gestalteten Deiche, die den im weiten Vorland lebenden Weidetieren im Hochwasserfall zur Verfügung stehen. Die Vorlandbeweidung erfolgt dort großflächig mit den robusten Rode Geuzen, einer traditionellen niederländischen Rinderrasse, und den lebhaften Konikpferden.

Die Maßnahmen, die in den besuchten Landschaften im Rahmen des „Raum für die Flüsse-Programms“ inzwischen umgesetzt wurden, beeindruckten die Teilnehmer aus der Elbtalaue hinsichtlich ihrer Dimension, aber auch bezüglich der offenen und konstruktiven Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Akteuren. Staatsbosbeheer, Deichverband, Bauernvereinigung, Naturschutzverband und Touristiker haben bei allen besuchten Projekten das gemeinsame Interesse gesehen und ziehen am selben Strang.


„Auch wenn diese Projekte sicher nicht eins zu eins auf die Situation an der Elbe übertragen werden können, das Denkbare einmal gesehen zu haben, ist wertvoll und erweitert den Horizont“. So fasste Jens Böther, Bürgermeister der Stadt Bleckede, als Vorsitzender des Biosphärenbeirats die Meinung aller Beteiligten am Ende der Fahrt zusammen.
Die Zusammenarbeit zwischen Staatsbosbeheer und der Biosphärenreservatsverwaltung wird fortgesetzt. Im kommenden Jahr wird neuerlich eine Delegation aus den Niederlanden in der Elbtalaue erwartet.

Die Biosphärenreservatsverwaltung in Hitzacker ist erreichbar unter der Telefonnummer 05862 9673-0 oder per E-Mail unter info@elbtalaue.niedersachsen.de.


Auenlandschaft  
Die reich strukturierte Auenlandschaft im Munnikenland. Der Deich im Hintergrund wurde terrassiert (© BRV/F. Höchtl).
Ranger  
Die Exkursionsteilnehmer im Gespräch mit einem Ranger von Staatsbosbeheer (© BRV/F. Höchtl).
Diskussion  
Während der Exkursion ergaben sich intensive Diskussionen (© BRV/F. Höchtl).
Gruppe  
Die Gruppe der Exkursionsteilnehmer. (© M. Spenkelink)
Fahrrad  

Auf dem Fahrrad ging es zügig durch die ausgedehnte Auenlandschaft (© BRV/J. Prüter).

Rinder  

Im Zuge der Rückdeichung der Noordwaard erhielten die Landwirte neue, auf Warften gelegte Hofstellen. (© BRV/J. Prüter)

Natur  

Natur und Urbanität auf engstem Raum –die Landschaft im Exkursionsgebiet. (© BRV/J. Prüter)

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Dr. Franz Höchtl

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